Bericht über das Nachtreffen der Auschwitzfahrt am 19.6. 2011 in
Bendorf
„Ich war im Himmel und in
der Hölle“ – mit diesem Satz beendete Margret Müller aus Köln
den Bericht über ihre Versöhnungsarbeit im Auftrag des
Maximilian-Kolbe-Werkes in Polen an diesem Nachmittag. Über eine
Stunde hatten sie und ihr Mann Werner
Müller
von ihren Begegnungen mit ehemaligen KZ-Häftlingen erzählt, von
Besuchen in ihren oft ärmlichen Wohnungen in Polen, von
Erinnerungsarbeit und Gesprächen mit Zeitzeuginnen und –zeugen
kurz vor ihrem Tod. Diese Arbeit hat ihr Leben geprägt, denn
sie lernten etwas kennen, das sie so nicht erwartet hatten:
Herzliche Aufnahme und überaus große Wertschätzung, die ihnen
gerade als deutsche Gesprächspartner entgegengebracht wurde. Nur
selten trafen sie auf Ablehnung oder Skepsis; der Name
„Maximilian Kolbe“ öffnete die Türen außen und innen.
Anfängliches Misstrauen war schnell überwunden, sobald eine
Beziehung aufgebaut war. Hatten viele Opfer in den Jahrzehnten
in ihren Familien geschwiegen, so fiel es ihnen jetzt im
Zeitabstand und gegenüber Fremden leichter, über ihre
schrecklichen Erfahrungen in den Konzentrationslagern der
Deutschen zu erzählen.
Bevor das Paar aus Köln ankam, hatten die
KarTagenTeilnehmerInnen zunächst noch einmal ihre Woche in
Auschwitz reflektiert und zusammengetragen, was ihnen am meisten
im Gedächtnis geblieben war. Wie perfekt die Tötungsmaschine in
Auschwitz eingerichtet war, wie menschenverachtend die
Verhältnisse waren, die man den Verschleppten aufzwang, wie
verständnislos man den menschlichen Abgründen der Täter
gegenübersteht, all das kam zur Sprache.
Ein interessanter Beitrag war daran anschließend die Darstellung
der Geschichte der Firma „Topf und Söhne“, der Ofenbauer von
Auschwitz und anderen KZ-Krematorien. Seit Januar (über 60 Jahre
nach dem Kriegsende!) ist mit Hilfe des jetzigen Erben Hartmut
Topf das ehemalige Firmengebäude in Erfurt ein Erinnerungsort;
es gibt eine breite Forschungsarbeit zum Aufstieg und Fall
dieser deutschen Firma. Ihre
schuldhafte Verstrickung in die Todesmaschinerie wurde nie
konsequent verfolgt. Ein Grund dafür ist dem Umstand geschuldet,
dass die Strafverfolgung im kalten Krieg geteilt verlief und
nicht miteinander kooperierte. Lässt man sich auf die Details
ein, kann man dem Geheimnis näherkommen, warum so viele deutsche
Unternehmen am Geschäft mit dem Tod beteiligt waren: Es war
weniger die Profitsucht als Geltungsdrang und beruflicher
Ehrgeiz, gepaart mit Forschungsinteressen und persönlichen
Vorteilen. Dennoch lässt sich das „Geheimnis der persönlichen
Entscheidung“ (Götz Ahly) nicht vollends klären.
Es herrschte atemlose Stille, als Margret Müller das Gewand
einer Überlebenden des Frauenlagers Ravensbrück aus der Tasche
nahm und auf dem Boden ausbreitete. Das Schicksal rückte nahe
heran, das Leid, die Angst, die Verzweiflung. Der rauhe,
gestreifte Stoff, die grob aufgenähte Häftlingsnummer und der
rote Winkel griffen tiefer als in den Verstand…
Die Gruppe hat entschieden, das Gewand anlässlich der
Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier auszustellen. Es ist das Gewand
Christi.
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