Bericht über das
thematische Wochenende „Du bist, was du isst – aber weißt du,
was es ist?“
Vor dem Hintergrund des
Dioxin-Skandals und der momentanen EHEC-Verseuchung hatte die
KSJ sich für ein brandaktuelles Thema entschieden: „Du bist, was
du isst – aber weißt du, was es ist?“
Auch der Veranstaltungsort für die 35 Teilnehmenden war gut
gewählt, ist doch die Jugendburg Neuerburg bekannt für ihre
sorgfältige, regionale und faire Küche. Nach einem
kabarettistischen Einstiegsabend, der vor allem einen
spielerischen Zugang zum Thema eröffnete, fiel es schwer, sich
für einen der hochkarätig besetzten Arbeitskreise zu
entscheiden.
Laura Möhr und Lina Gross von „Inkota“ erarbeiteten unter dem
Stichwort „Globalisierung“ die vielfältigen wirtschaftlichen
Abhängigkeiten, denen die Armutsländer als Rohstofflieferanten
ausgeliefert sind: Dem Ausverkauf ihrer Ackerböden und Ernten
und ihrer biologischen Artenvielfalt. Hunger ist weniger die
Folge von Natur- und Wetterkatastrophen als vielmehr auf die
Verweigerung von von gerechten Handelsbedingungen zurückzuführen
und zu vermeiden und zu bekämpfen, so die klare Erkenntnis.
Geschäftemacherei steckt auch hinter den irreführenden
Etikettierungen auf Verpackungen industriell verarbeiteter
Nahrungsmittel. Wer kennt sich schon mit den Bezeichnungen
genauer aus und weiß, wieviel Zucker und Fett in den Sachen
steckt, so lange die sog. Lebensmittelindustrie die vereinfachte
Form der „Ampel“ zur Kennzeichnung ablehnt? Dagmar Pfeffer und
Iris
Brenner von der Verbraucherberatung stellten die
Ernährungspyramide vor, die sowohl für einen gesunden
persönlichen Ernährungsplan als auch für den Einkaufs- und
Kochplan für ein Kindersommerlager dienen kann. Markus
Schreckhaas von der Uni Bonn beleuchtete den kulturbildenden
Aspekt von Nahrungszubereitung und –aufnahme. Unter dem
Stichwort „Esskultur“ warfen die Jugendlichen in diesem
Arbeitskreis einen kritischen Blick auf die soziologischen
Aspekte: Essen bedeutet weit mehr als die Stillung des Hungers,
es kann Status, Prestige und Sicherheit bedeuten. In diesem
Zusammenhang war die historische Darstellung der Entwicklung
unserer Esskultur von der Steinzeit bis heute besonders
erkenntnisreich; die Fresswelle z.B. der 60iger Jahre entsprang
den gesellschaftlichen und politischen Bedürfnissen der
Nachkriegsjahre. Stationenlernen, Verkostungen, um biologisch
und konventionell zu „erschmecken“, Befragungen zum Thema
„Vegetarismus“, Filmbeiträge und spielerische Zugänge waren die
kreativen
Arbeitsformen
in den drei Themenbereichen.
Der Tischgottesdienst wurde als theologische Vertiefung des
Themas gefeiert: Dankbarkeit und Respekt vor den Lebensmitteln
prägen die indianische, die muslimische und die
jüdisch-christliche Religion. Wer am Tisch Jesu das Brot
miteinander teilt, stellt alles unter die Ordnung Gottes:
Nahrungsmittel sollen wieder zu Lebensmitteln werden durch die
Überwindung der ungerechten Verhältnisse, durch gerechten
Handel, durch faire Löhne und den Schutz der Natur. Weil die
biblischen Texte sowohl im ersten als auch im zweiten Testament
das Brot als Hoffnungszeichen für eine Verhältnisse der
Verhältnisse sehen, gilt der Segensspruch der ganzen
Tischgemeinschaft: “Du gibst Brot allen Menschen. In deiner
großen Güte hat es uns nie an Nahrung gemangelt. Denn du bist
Gott, der Nahrung gibt allen, die er geschaffen hat“. Zu kurz
war die Zeit, die Ergebnisse der Arbeitskreise miteinander zu
verknüpfen, aber erkennbar war schon, dass unser
überzogener Fleischkonsum mit dem unbegrenzten Bedarf nach
Anbauflächen und dem Export von „Abfallhuhn“ nach Afrika
zusammenhängt. Stress und die damit verbundene mangelnde
Sorgfalt im Umgang mit den Nahrungsmitteln und unseren
Essgewohnheiten sind ebenfalls Folgen unseres Wirtschafts- und
Politiksystems, das keine Dankbarkeit mehr kennt, sondern nur
noch Verfügungsgewalt nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip. Neben den
theoretischen Erkenntnissen dieses Wochenendes erweisen sich die
praktischen als sofort umsetzbar. Für alle Zeltlager und
Sommerfahrten der KSJ, die zur Zeit in den Teams vorbereitet
werden heißt es stärker als sonst: Mehr Vollkornbrot, mehr Obst,
weniger Fleisch, keine Süßgetränke, Einkauf bei regionalen
Erzeugern, weniger verarbeitete und stattdessen frische
Lebensmittel in den Kochtopf. Und die Ernährungspyramide wird
als Fahne aufgezogen, damit nicht nur die Teams, sondern auch
die Kinder anschaulich sehen: „Du bist, was du isst – und jetzt
weißt du, was es ist!“
Aus dem Tischgottesdienst:
►Texte
zum Gottesdienst 1
►Texte
zum Gottesdienst 2
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